I (Bahngleise, einst)

 

  

das Allergewöhnlichste wurde verknüpft mit einem Allertödlichsten, weil es soziale Wirklichkeit war. (Es gibt weitere „weil’s“.) Mit dem ersten Schritt aus der Haustür ‚gewöhnlicher Laut‘, bedeutet Hetz-Jagd. Inwieweit hast du sie im Innern entschleunigen können .. ?

 

*

  

so viel Schoß, so viele Orte, die jemand nie spüren wird.

  

*

  

Es bleibt eine ‚kleine‘ Kluft, aus der die Verletzung dem andern ins Gesicht geschleudert wird.

  

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Was für Nächte, für eine Nacht Yasmin hinter sich haben muss – bei solchen Lippen heute, so ‚verschmiert‘ im Gesicht. Ihr Lover muss völlig enthemmt in ihr rumgewühlt haben, wohl mit ihrem Einverständnis. Ohne Gnade, so jenseits von Liebe, wie es für das Geschlecht so erregend sein kann.

 

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„Ein Hoffnungsbild bricht ein, hier und heute, weil kulturell nichts bereitsteht, das hülfe, mit dem Gegenblick zurechtzukommen. Vielleicht ging alles ein wenig schnell.“ (Reinhard Düßel, Verdampfen)

  

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Die Bahngleise, auf die ich als 16-jähriger blickte, sie führten sowohl in die Ferne wie in den Tod. So fern, einst, das erfüllte Jetzt ?

 

Ich hab dazu keine Meinung mehr, noch ein paar Bilder.

 

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Nur absolute Umstülpung kann zu einer gewissen ‚Egalisierung‘ des Ridikülen, von allem Misslichen führen –

 

als sei sie möglich.

 

als eine gewisse Kontinuität ist sie, die Umstülpung, weder möglich noch wünschenswert ?

 

*

 

In jedem Moment in den ‚psychisch tödlichen Unfall‘ schliddern können.

 

  

II (den andern in sich einlassen)

 

 

war mir viel zu viel Augenkontakt

beim Tanz

erlebte es als Mühe      Verflachung

  

für das ‚Getragenwerden und Tragen‘

Voraussetzung für spezifische Entfaltung

werden längere Verweilzeiten gebraucht        

mehr augenschließende Trance

  

mehr Augenschließen

zu zweit

 

*

  

„den andern in sich einlassen“

nur ein ganz kurzer Augenspalt wurde ihr, die du magst, gewährt

(nicht dass es dein Wille gewesen wäre)

dann kam die energetisch Vollschließung.

begleitet von energetischem Wirbel IM Kontakt, der

die Persona verstellt

einmal mehr

mehr Scham als etwas von ihr gesehen.

 

ganz ruhiges Sein mit dem andern

 

*

 

das Selbst-Urteil

(nun nehme ich auch noch dieses Urteil auf mich)

und

die Zerquetschung m/einer Psyche

im Näheraum

 

*

 

was wurde noch zerquetscht?

 

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m/ein

Blickausdrucksspektrum brach zusammen.

  

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die Wunde unterstellt dem andern das Schlimmste.

  

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O dann komm bis an die Türe innen

wenn du auch zu öffnen nicht vermagst,

und ich will mein Herz von vorn beginnen

und nichts andres sein als was du sagst.

 

(Rilke)

 

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den andern einlassen

darum geht es

 

nicht darum, die wildesten Sprünge zu machen

nicht darum, zu beeindrucken

  

Sprung im Traum flugähnlich bis zur Decke, ja, und?

  

*

  

dies Atmen

nach einem Verausgabungstanz

nach einem Tanz, der wie Grün durch Beton brach

 

den andern, sich selbst

  

danach atmen hören

in diesem Hören fühlen

 

  

III (als blanke Wunde)

  

 

Es ist das Erkennenmüssen: Wenn ich aus dem Innern nichts zusteuere, mehr oder weniger als blanke Wunde vor einem Menschen zu stehen.

 

Wie sich das jeweils genau ausprägt.

Einprägt.

 

Als blanke Wunde vor einem andern in sich zu bestehen.

(Warum bestehen?)

Einsamer Akt.

 

Seid ihr wirklich die gleichen,

die, da ihr Kind wart,

unwirsch im Schulgang

anstieß der ältere Bruder?

Ihr Heilen.

 

(Rilke)

 

*

  

Atem-Kussnähe

dies Nahkommen

Ausatmen an sich so nah nach Stunden Tanz, alles an ihr menschlich

sei zurzeit verstandesüberfrachtet und „zu schwer“

sei zurzeit       „nicht sie“

höre so viel, beruflich, dass sie hoffe, dass sich die Teilnehmer in Worten kurz fassten

auch ich bin ziemlich wortlos unterwegs, sagte ich

kommt, von sich aus, so nah, dass Brust und Bauch streifen, immer wieder, solche Augen-braun-Nähe

schon bin ich in ihren Gewässern drin und

möchte nicht mehr raus

 

*

  

paar Jahre älter als ich, recht ‚gesetzt‘ anmutend, man spürt schon das Alter, zugleich noch jung

ein verzeihender, großzügiger Mensch

mit dessen Wesen

ich nie Schwierigkeiten hatte

 

*

  

Erwärmung in der Begegnung

nach anfänglicher Starre bekommt sie

bewegliche wärmende Augen in meinen

 

*

  

solch körperliches Volumen

Umarmung weich, kompakt

ebenso fremd wie geborgen

  

*

  

„sich nicht anstrengen“

  

*

  

wie viele Schritte ein Mensch in seinem Leben ging

  

auch Atemschritte

 

  

IV (die lädierte Person)

 

 

Als blanke Wunde tanzen, was ist so schwer daran?

unter Menschen sich s/einem Taumel des So-Seins

überlassen

ist doch ein bester Zustand.

warum ist ein solcher Taumel unter Menschen

nicht selten ‚nicht möglich‘ ?

- weil es […] vielfach zu deutlich, zu schmerzlich beurteilt würde von diesbezüglich wohl eher unkundigen, nicht weit entwickelten, nicht-verlässlichen

Menschen.

  

*

 

Wir haben nie, nicht einen einzigen Tag,
den reinen Raum vor uns, in den die Blumen
unendlich aufgehn. Immer ist es Welt
und niemals Nirgends ohne Nicht: das Reine,
Unüberwachte, das man atmet und
unendlich weiß und nicht begehrt. Als Kind
verliert sich eins im Stilln an dies und wird
gerüttelt. Oder jener stirbt und ists.
Denn nah am Tod sieht man den Tod nicht mehr
und starrt hinaus, vielleicht mit großem Tierblick.
Liebende, wäre nicht der andre, der
die Sicht verstellt, sind nah daran und staunen . . .

 

(Rilke)

 

  

V (Befreiung)

 

  

„Wir müssen verrückt sein

 

um uns zu unserem Äußersten zu bewegen“

 

*

  

„der Teufel ist auch eingeladen“, so B

 

„vielleicht ist er ja auch nur deswegen Teufel“, entglitt es mir, „weil er nie ausdrücklich eingeladen wurde

 

man hat nicht mit ihm gesprochen.

man hat ihn nicht verstanden.

 

*

 

sich wie aus einer Kanone IM Kontakt mit seinen besten Substanzen

 

erfinden ..

  

*

  

lauter absolute Momente

  

die jede Frage überwunden haben

 

*

  

Grenze oder Ausgangspunkt dessen

  

die Erfahrung.

  

*

 

„Mit dem Gegenblick wird auch das Umformen zu rechnen haben. Je mehr dieses gelingt, desto rätselhafter muss sich dieser aber werden.“

(Reinhard Düßel)

 

*

  

Gegenblick – umformen – rätselhaft = die verschobene Identität.

 

*

 

„[...] Kreislauf, der unablässig mit Befreiung nur foppt. Vielleicht ist es das, dieses Durchtrennen, worauf überhaupt alles hinauswill.“

(Reinhard Düßel)

 

*

 

Als ginge es mit dem Einbrechen in die Vollständigkeit.

Ist dem so, wie ist es?

 

*

  

Um welche Transformation handelt es sich denn?

 

*

 

„[...] über das Monströse hinaus gebracht, aber ins Schlachthausartige.“

(Reinhard Düßel)

 

*

  

    • Momente, mit einem Schlag und auf den Punkt hin gebannt / entmenscht.

    •  

    • Stahl-hart okkupiert, kein weiches Gefühl mehr zum Ausdruck kommt.

    •  

    • Zugleich voller weicher Gefühle; dies an sich zu sehen, wie der andere – gegenüber – Schlussfolgerungen zieht.     

    •  

    • (Kern     Scham-Kern)

    •  

    • „Man kann mich nicht kennenlernen.“

    • (nach Ingeborg Bachmann)

    •  

    • mistreated         Musikstück, das ich als Jugendlicher hörte.

    •  

    • Nur ein Opferzeichen, und der Mann ist für das Mädchen, die Frau ausgeschieden.

    • Für viele Mädchen, für viele Frauen.

    •  

    • Es setzt sich dies ohne Begründung in ihrem Erwartungshorizont.

    •  

    • Welche Ungerechtigkeit auch geschehen ist, es interessiert sie nicht.

    •  

    • Am Ende des Gesprächs war kein Vertrauen, das wärmte. Auch für sie sind „Traumatisierte“ (ein Leben verstellendes Wort) „dgl.“ Schrott, die Unberührbaren jeder Gesellschaft.

    •  

    • Bürgerliche Kontexte.

    •  

    • Weibliche Kontexte.

    •  

    • Welche noch.

    •  

 

*

 

zu transformieren ist das Schlachthaus (in summa).

 

*

  

was jeweils herauskommt.

 

*

  

es bedarf besonderer energetischer Aufwendungen ..

 

*

  

so ausgesetzt im Tanzraum, der Differenz        

zwischen innerer Isolation und Begehren und

begrenzte Chancen der Aufnahme

 

*

 

„Denen, die überlebten und Spuren dessen in sich vorfinden, was frühere Jahrzehnte ehrfürchtig oder spöttisch Berufung genannt hatten, bleibt keine Wahl; sie tragen das Überleben in ihre Berufung hinein. Ausdrucks- und Überlebenswillen sind darin eins. Die Idee, sich auszudrücken, weicht dem Ausdruck der Zeit, der vorbeiziehenden stärker als der erlebten, die stumm bleibt, jedenfalls vorerst. Das Werden selbst ist hier das Problem. An die Stelle lebensgeschichtlicher Erstreckung tritt das abrupte Ergreifen einer Geste, einer Möglichkeit, einer Gelegenheit, eines Fortkommens. Gerade darin liegt der besondere Klang, der dem Wort Chance eignet [...] In einer aus Desorientierung und Mangel komponierten Zeit erhalten solche im Grunde sehr allgemeinen Dispositionen ein Übergewicht, das alles andere – oder doch sehr vieles andere – erdrückt. Die Schere aus guten äußeren und guten inneren Gründen, aus schlechten äußeren und schlechten inneren Bedingungen zerschneidet den Einzelnen in zwei Hälften, die hinfort nebeneinander existieren, verbunden durch ein Arsenal von Reflexen, die zwischen Innen und Außen hin und her wandern und die lädierte Person Härte gegen sich selbst lehren, eine weithin nur aus Einbildung bestehende Härte, die sich bereitwillig vom ‚plötzlich‘ im Raum stehenden Existenzialismus das Vokabular besorgt.“

(Ulrich Schödlbauer)

  

*

 

„Arsenal von Reflexen, die [...] die lädierte Person Härte gegen sich selbst lehren“

  

    • Momente, mit einem Schlag und auf den Punkt hin gebannt / entmenscht.

    •  

    • Stahl-hart okkupiert, kein weiches Gefühl mehr zum Ausdruck kommt.

    •  

    • Zugleich voller weicher Gefühle; dies an sich zu sehen, wie der andere – gegenüber – Schlussfolgerungen zieht.     

    •  

    • (Kern     Scham-Kern)

    •  

    • „Man kann mich nicht kennenlernen.“

 

*

 

das, was ich in der Selbst-Reflektion

und

das, was ich am Ort

 

bin

  

*

  

mir fällt der Schlüssel

höre ihn

im Kosmos fallen