Wer saß nicht bang vor seines Herzens Vorhang? 
Der schlug sich auf: die Szenerie war Abschied. 
Leicht zu verstehen. Der bekannte Garten, 
und schwankte leise: dann erst kam der Tänzer. 
Nicht der. Genug! Und wenn er auch so leicht tut, 
er ist verkleidet und er wird ein Bürger 
und geht durch seine Küche in die Wohnung. 
Ich will nicht diese halbgefüllten Masken

(Rilke)

 

 

„Möchtest du?“ Sie beantwortete diese Frage mit überquellenden Augen. Und wusste ja, wir hatten beide diesen Tanz gesucht. Hatten diametral gegenüber gestanden. Und es irgendwie geschafft, in die Nähe zu kommen. „Ein romantischer Tanz“, wie er angekündigt wurde. Zwei Körper, wie beim Vortanzen ersichtlich wurde, die sich wie Schlangen umeinander, ineinander winden. Sich umfangen. Alle Zärtlichkeit darf zum Ausdruck kommen.

 

Stellten uns gegenüber. Ganz nah. Ihre Brustspitzen an meinen. Was für eine Erregung. Schulter und Oberarme so weich. Doch überhitzt. Beide. Überdies ein warmer Abend. Teilweise hält die beiderseitige Körperhitze auch ab.

 

Doch als ich die Augen schließe, mit der ersten Bewegung, sinke ich sofort ab. Ich blinzle manchmal durch den Spalt, nötig, um ein Raumgefühl zu behalten und sehe, dass sie auch sehr abgetaucht ist. Es entspricht dem, denke ich, was wir zutiefst voneinander und überhaupt wollen.

 

Nehme sie beim Tanz in den Arm wie ein Kind, das eine Frau ist. So viel Frau, dass ich dem kaum gewachsen scheine. Doch wie wenig im Vergleich wäre nur-erotische Spannung. Es ist eine glückliche Konstellation: Wir nahmen tiefe Einblicke in den Menschen im andern, parallel lud es sich erotisch auf. Wie oft ist es entweder das eine oder das andere. Oder in einer Abmischung, dass wenigstens von der erotischen Dimension wie von selbst Abstand genommen wird.

 

Was so verheißungsvoll begonnen hatte, war entschlummert gewesen, durch verpasste, ausgelassene Gelegenheiten, „auf Eis gestellt“ ist dafür kein schlechter Ausdruck. Doch jetzt, bei solcher Zuwendung, solchem Sich-Suchen erwacht es wieder. Wenn auch zunächst nicht, wie es einmal, vor kurzem noch, war, wegen der dazwischenliegenden, füreinander toten Zeit, die ohne Suche nach dem andern verbracht wurde.

 

Ich koste die Momente aus, ich fühle, auch sie, in denen sie bei leisen rhythmischen Bewegungen ganz in meinen Armen liegt. Und streichele das Kind in ihr und die Frau, die sie ist, gleichermaßen. Es ‚muss nicht sein‘, aber wie gut, dass auch sie jetzt gibt. Ich sehne mich danach.

 

Die Augen öffnen. Bruchlos in den Augen tanzen. Seelische Bewegtheit im Blick, die sich durchsetzt, sich halten kann. Was für eine wundervolle gemeinsame Identität, jetzt.

 

Den andern – durch gegenseitige Zärtlichkeit in Trance versetzt wie sich selbst – zum Kreis, der sich bereits aufgestellt hat, zurückführen, während er die Augen geschlossen hält.

 

Der Kreis ist in solchen Momenten so fern, nicht nötig. Als würde er gar nicht erreicht.

 

Keine Berührung von einem anderen jetzt wollen. Zusammen bleiben. Schließlich scheint es die Situation doch zu erfordern, dass einer geht. Fingerspitzen, bis ganz zuletzt in Berührung.

  

Fühlte in diesem Tanz mit ihr solche

kosmische Weite als inneren Raum.

 

Mit der Natur in sich, den Erfahrungen und Hirnhervorbringungen, mit allem auf eine angeregteste Weise zur Ruhe gekommen.

 

Als Jugendlicher bereits ein besonderes Verhältnis

 

zur Trance. Niemand (?), der das sah, an-erkannte, förderte.