An den Ort zurückkehren, wo ich zu tanzen begann. Umarmungen zur Begrüßung, als käme ich Nachhause.

Kaum glaublich, wie frei tanzend durch den Raum ich mich nun bewege und winde, umsichtig ausweiche und Raum gestalte – im Verhältnis zum Beginn, vor einem dreiviertel Jahr, als ich beim Tanz zuweilen blicklos agierte. Und doch, das ist wesentlich, in jedem Moment bei sich zu bleiben, keiner Überschwänglichkeit oder Albernheit zu verfallen und sich nicht vorzeitig zu verausgaben.

 

Und dann ein Tanz, den ich bereits kannte. Sich gegenüberstehen, Fingerkuppe an Fingerkuppe, sich nach einer zarten Musik so bewegen, dass keiner dominiert wird, eine gewisse Spannung jedoch ist einzubringen, so, dass fühlbar wird, jeder ist – da.

Shine on you crazy diamond       erklingt     und

die Reise, die es sein soll, beginnt, Fingerkuppe an Fingerkuppe, das Gewicht, die Gespanntheit, den Tonus des andern fühlen, seine Zartheit, seine Energie. Die Fingerkuppen, sie nähern sich dem Boden, tauchen ein in den Raumhimmel, sehr hypnotisch die Musik, die Augen bleiben überwiegend geschlossen und sonderbar viel vom Kosmos des andern wird dadurch spürbar. Die Fingerkuppen beginnen, schwebeleicht, als existierten sie nun jenseits von Schwerkraft, immer entlegenere Flugbahnen zu fliegen, äußerlich lässt es sich so vorstellen, dass zwei Menschen mit geschlossenen Augen inzwischen auf Fußspitzen stehen, um noch ... ein bisschen ... höher zu kommen. Keiner dominiert, niemandem wird etwas vorgeschrieben, es ist

eine gemeinsame Reise, bei der jeder vor sich liegende Moment

 

noch nicht feststeht. –

 

Als ergäbe Umarmung sich danach von selbst, einige Momente so da stehen, den andern, vorher nie gesehen, an der Wurzel seines Vertrauens wahrnehmen. So könnte sie auch bei ihrem Vater gestanden haben, denk ich, bei ihrem Freund, bei ihrem Bruder. Und in der Verabschiedung ein Lächeln, das mich an eine ehemalige Mitschülerin erinnert, wie lang ist’s her, eine Zeit, in der Menschen noch vertrauensvoller

angesehen wurden.

 

Jeder für sich. Und doch zusammen in einem Raum. Atmen, zunehmend bewusster, langsam ein Bild in sich

 

aufsteigen lassen.

 

Damit in Kontakt gehen.

Dieses Den-Unbekannten-lange-Ansehen. Es ist offenbar keine Methode, bei der ich zu mehr Vertrauen käme. Kann der Vorstellung nicht entgehen, dass verborgene Sprengsätze in Köpfen. Je länger sich angesehen wird, desto mehr drängt sich bei mir „Sprengung“ auf. Dabei ist zu sehen, dass es diejenige in sich selbst ist. Was ich bräuchte, augenloses Versinken, das Tasten, das Spüren.

 

Seltsam rührt auch an, mit jemand zu tanzen fast wie mit Unbekanntem, dabei war es schon einmal nah geworden; doch Monate dazwischen scheinen dies übermalt zu haben, Spuren im Gedächtnis setzen sich nicht – spürbar zu einem Erkennen hin – durch, beide scheinen „wie ausgewechselt“, so, wie Stoffwechsel ja stetig erneuert –

 

... einer, der beim Tanz nur selbstgefällig und, trotz diverser Signale, nicht damit aufhört, sei’s aus Arroganz, sei’s aus Scheu, sei’s drum. Ich breche respektvoll ab, es scheint für beide das Beste, auch das war hier zu lernen.

 

Stockung. Ich erinnere den Prozess gleich mit, der später einsetzen wird: Der ausgefallene Begegnungsmoment bringt Erinnerung dahin, sich besonders sorgfältig durchzugehen, solcher Zuwachs.

 

 

Wieder für sich, Kopfschmerz, aus bevorzugter Identität ... Herausbringendes schon durch kleine Begegnungsunebenheiten, die erlebt wurden; vor dem Tanze so

bei sich gewesen.

 

Auf der Rückfahrt sah ich plötzlich auf, ohne dass ein Grund bewusst geworden wäre, ein paar Sterne im Universum, als habe sich für einen Moment eine Flugbahn dorthin in meinem Blick befunden.