Wenn ich sage, authentisch, dann meine ich offenbar weitgehend anderes als oft entgegenkommt. Ich meine etwas, das in JEDEM Moment vollzogen wird. Ich meine, dass im Zweifelsfall gültig zu respektieren ist, dass jemand gemäß seinem Inneren, wie es ist, handelt, um bei seinen Kräften zu bleiben. Um sie auch künftig sinnvoll einzusetzen. Nicole rast an meinen Tisch, schüttet Meer des Empfangens aus. Was für ein zwischenmenschliches Gutsein, verbunden mit … was allem? Einer sitzt da, klein und verwachsen, nennt gegenüber zweiter Bedienung, ohne jeden Zusammenhang, plötzlich Bezeichnung einer Vereinigung, die mir bekannt, und einen Ort, vielmehr Ortsteil. Harter, eckiger Ton, simpel und autoritär, ridiküle Figur mit Hund, die als solche auch überlegen milde behandelt wird. Ich weiß aber, dass diese Bezeichnung für Vereinigung von Schrecken steht, maximal konträr zur überaus konservativen „Fassade“ jenes Ortsteils, bereits vor Jahrzehnten. Wenn deren Mitglieder auch jener komplementären kleinbürgerlichen und bürgerlichen Welt entstammen. Und ich, der in dieser Zeit als Jugendlicher aus einer größeren Stadt mit umzog, in diesen Ortsteil, bekam etwas ab. So viel, dass Auschwitz plausibel wurde. Die „andere Welt“ in der angeblich „heilen“, die zum Vorschein kommt. Werde, in dem Café, nun zum obskuren Gast. Einer, der sich brückenlos entfernt. In welcher Weise noch ansprechbar, für ein Meer aus Vertrauen, wie es Nicole darbot? Erinnerung an 2 Menschen, die es zueinander zieht, an Trennung. „Böse?“ wiederholte Nicole einem Kollegen gegenüber. Und da war so viel Spielraum, in ihrem Ton, als käme das bei ihr gar nicht vor. Vor allem in dieser Weise ist sie jünger als ich. Dasein wird zur Eingeklemmtheit, in bedrängendster Weise, gegen die ich mich zu normalisieren, zu weiten suche, bei hohem Aufwand vergeblich, Dasein als Tortur. Das Unverdrängbare. Geöffnetwerden eines Menschen gegen ihn, das Eindringen – wie man es auch sagt, es scheint sich eher zu entziehen. Das war bereits die Konzession der Sprache an die Nazis. An viele andere, an das Grauen: selbst wenn es gesagt wird, wird es nicht verständlich. Nicole wünscht auch diesem Gast einen „Schönen Tag“, wenn auch nicht ohne Befangenheit, weil sie den Idiotismus spürt. Einer, der nicht gehen kann, selbst wenn er gegangen ist. Und nie allein ist, Platzhalter für geschlossenes Kollektiv. Was sagte einstige „große Liebe“, Du hast zum Motiv der Wunde promoviert, aber ich war diese offene Wunde. Das hatte ich nicht bestritten. Was war das für ein „aber“. Bleibt, sich nie für diese Wunde, im Grunde für nichts von mir interessiert zu haben. Andersherum kann man es nicht sagen. War offenbar Bestandteil der Blendung, diesen Kontakt jemals eingegangen zu sein. Ich sagte auf ihre Chuzpe nichts, da inakzeptabel, noch mit einer Wunde in Konkurrenz zu gehen. Oder wie hätte sie das formulieren können, immerhin Psychotherapeutin, wenn mehr Profil, sie nicht nur hätte verletzen wollen, so dass auch ich ein Recht erhalten hätte?