Manchmal wird ein Ich laut

und erntet ein Kopfschütteln

entsubjektivierter Subjektsingularitäten,

die schon lange Bescheid wissen:

dass der Empfänger nie empfängt,

was der Sender gesendet hat,

während Emotionen auf dem Weg verloren gehen

(Sylvia Krismayr)

 

 

 

 

»Eine Liebesbeziehung«, sagte Prof. Lichthof, »die zum reichsten gehört, was ich überhaupt erlebt habe. Ich erinnere, 1999:

Gerade weil es so war, war ich in einer bestimmten Situation noch nie so nah dran gewesen, mich von einem Hochhaus zu stürzen.

Ich hatte bis dahin nie erwogen, mich von einem Hochhaus zu stürzen.

Das mag in manchem Fall relativ schnell gesagt sein und eher im übertragenen Sinn gemeint sein.

Es war Ernst.

Was im Inneren geschah, ist zunächst einmal nicht vorstellbar.

 

 

Der Umschlag war zu groß gewesen und hatte sich innerhalb einer Sekunde vollzogen.

Mit einer Information, deren Verhaltens-Ausmaß ich wieder mal nicht abgeschätzt hatte.

Um es verständlich zu machen, habe ich mich – unvermeidlich – großer Verkürzungen zu bedienen, aber im Bemühen, die Kerne fair und richtig herauszustellen. Ich beginne einmal so:

 

 

Ich hatte einen Gemüseteller mit 3 Stückchen Fleisch gegessen und hörte von der Partnerin, dass sie ein Problem damit habe, wenn jemand, der ihr so nahestehe, Fleisch esse.

Das führte – im Cluster einer bestimmten Befindlichkeit – zu einer größeren Verstimmung, um nicht zu sagen: zu drastischem Liebesentzug.

Nun bin ich vollständig mit ihr der Meinung, dass Schlachthäuser abzulehnen sind.

Nun war es ›besseres Fleisch‹, und zwar vom Bioladen, was natürlich nichts daran ändert, dass das Tier getötet wurde.

Das Thema, meine Person betreffend, ist aber ja nun folgendes: Diesem Einwand, dieser Verstimmung nach wird mir nahegelegt, nicht mehr selbstständig über meinen Körper entscheiden zu dürfen.

 

 

Es ist so, dass sie sehr genaue Vorstellungen von ihrem Leben hat. Mir fällt auf Anhieb kein Punkt ein, bei dem sie einmal bereit gewesen wäre oder ich ihr dies zugetraut hätte, in echter Weise kompromisshaft davon abzuweichen. Günstigerweise wurde das kaum zu einem Thema zwischen uns, da unsere Interessen vielfach deckungsgleich sind.

 

 

Aber es wurde eben doch zu einem Thema, weil es schließlich Vorkommnisse gab, bei denen immer klarer wurde, dass sie – zugespitzt gesagt – im Grunde nicht einen Millimeter von ihren Grundvorstellungen abweicht. Vorkommnisse, die mich einschränkten.

 

 

Nun gab es – um gleich das Maximum zu erwähnen – diese brisante Konstellation, dass zu meinen Kontakten drei Ex-Partnerinnen gehören. Da ließe sich gleich denken: o je, das kann ja nur schiefgehen! Es ist und bleibt aber die Frage des Umgangs. Ex-Partnerin meint das ›ex‹, also keine Beziehung.

 

 

Nun sehe ich ein, wie jeder, dass das nach einer Entscheidung verlangt, mit einem Mann mit 3 Ex-Partnerinnen – so ulkig das vordergründig klingt – in Beziehung zu sein oder sich zu trennen. Ein unklares ›Gehampel‹ eines nahen Verwandten mit Ex-Partnerinnen hatte mich seit jeher abgestoßen und gewarnt, da möglichst klare Verhältnisse zu schaffen. Es verlangt nach einer Grundsatz-Entscheidung: Entweder nach Aufhebung der Beziehungsform oder: nach einem konsequenten, einschätzbaren und erträglichen Umgang damit.

 

 

Es ist hier nicht der Ort Details zu nennen, aber allein das Treffen mit einer Ex-Partnerin, das ich mitteilte, führte augenblicklich – der Wirkung nach – zu 100-prozentigem Liebesentzug. Sicher, das ist in jedem Fall einzuwenden, käme es auf diese Details an. Der Liebesentzug war so deutlich spürbar, dass ich fortan wie eine taube, geschlagene, ja zerhackte Marionette neben ihr hergelaufen war. Aus der ungewöhnlich schönen Harmonie an diesem Tag, die über Wochen aufgebaut worden war, ohne dass ein anderer Mensch darin anwesend war, entstand – beiderseitig – eine abgetrennte, extrem isolierte Befindlichkeit. Als sei mit einem Schlag eine wundervolle innere Landschaft leergeschossen worden.   

 

 

Ich muss mich aber korrigieren: Es handelte sich gar nicht um ein Treffen. Es handelte sich um eine Einladung. Und zwar mit dem Zusatz, dass ich darauf verzichte, wenn es ihr Schmerzen bereite.

 

 

Warum erwähnte ich ihr gegenüber diese Einladung? Ich höre da schon meine Großmutter reden: der Mensch müsse nicht alles wissen.

Weil es mein Wunsch war, dass sie an meinem Leben teilnimmt. – Nun ist es so, dass ich, abgesehen von diesen drei Ex-Partnerinnen, kaum Kontakt zurzeit habe. Ich wollte mitteilen, dass auch ich eingeladen werde und dass es mich innerlich etwas kosten würde, an diesem Tag abzusagen. Dass es aber möglich sei, das Treffen zu verschieben, und dass sie sicher sein könne, dass kein Vorwurf von meiner Seite deswegen im Raum stünde. Zum Irritierenden an meiner Person mag gehören, wie mir immer wieder gespiegelt wird, dass ich meine was ich sage, und dass ich mich entscheiden kann, ohne dem jeweils Versäumten hinterher zu jammern. Mir ist einfach zu klar, dass jeder nur eines kann, dass man im Grunde immer etwas versäumt, und klugerweise das fokussieren sollte, was da ist. So mache ich es immer. Und in diesem Fall: Ich finde es wichtig, dass der Partner so etwas weiß. So wie ich informiert werden möchte, wenn der Partner aufgrund meiner Person etwas einschränken muss oder etwas einschränkt. lch möchte damit einfach nicht ganz alleine sein, es nicht nur mit mir ausmachen. Ich habe zu viel im Leben mit mir allein ausgemacht! Und finde es ebenso richtig, wenn auch der andere mit seinen Angelegenheiten nicht alleine ist, sie nicht nur mit sich ausmacht, egal worum es geht! Das, in Kürze gesagt, bedeutet für mich Beziehung.«