»Corona im Dezember 2020«, sagte Prof. Lichthof, »das Ende des Konsums, wie wohltuend.

Das Ende der Events, wie wohltuend.

Zurückgefahrenheit kollektiver Energien und das Ausbleiben von Angebotsverführungen

helfen weiterhin dazu, wirklich zu mir zu kommen.

 

Es geht mir vielleicht gar nicht unähnlich der Natur und den Tieren, die sich

jetzt auch ein wenig erholen können.

 

Corona, was das politisch bedeuten kann und bedeutet!

 

Zunächst einmal:

 

Ich schaffe es zurzeit besser, Distanz zu halten, die mich freier macht für das, was ich wirklich möchte.

 

So schaffte ich es auch, Musik und Literaturen in mir noch weiter auf Distanz zu rücken, mit denen ich rettungslos . . . liebend . . . verschmolzen war.

 

So hörte ich zum Beispiel ›Hey you‹ von David Gilmour noch einmal an, und es wurde noch klarer, wer ist denn angesprochen in dem ›you‹?

Ein Platzhalter für Millionen, für alle . . ., klar.

Ein Platzhalter, in dem Sehnsüchte, Wünsche, Archaismen sich entwickeln

können.

Die ich keinesfalls über solchen Weg mehr empfangen möchte. 

 

Oder: Shine on you crazy Diamond.

Und dachte, diese Empfindungsbringer, Menschlichkeitsbringer, die sich dann nicht weiter kümmern, sondern ihre eigene Existenz – mitunter zweifelhaft – anreichern, warum sollte ich das noch berücksichtigen, um nicht zu sagen: darauf reinfallen?

 

Abschaltung verbliebener Medien.

Das jetzt wirklich zu tun.

 

Ich will jetzt wirklich allein leben.

Was das auch ist!

Denn als Säugetier, das der Mensch – auch – ist, bzw. ist, muss ja immerzu Austausch stattfinden!

 

Fängt an mit dem Austausch zwischen Luft und Körper mittels Atmung.

Geht weiter mit dem Austausch zwischen Nahrung und Körper.

Im Innern das gleiche Prinzip:

Klänge, visuelle Eindrücke, Geschmack, ein Mensch, ein Lebewesen lebt über Wechselwirkungen.

Was also kann das heißen, die Frage noch einmal von Neuem gestellt, alleine zu leben!

 

*

 

Ich möchte auch nicht mehr rausgucken, was für ein Ertrag hätte es?

 

Sich noch genauer überlegen, mit wem im Innern überhaupt noch Kontakt aufgenommen wird.

Denn so vieles: reicht mir einfach.

 

Spaziergang im Wald. Kurze Erstarrung, als ein Mensch nah vorbeiging. Empörter Ausdruck. Als sollte es jetzt so etwas wie Solidarität geben, in diesem ›Lockdown‹. Nichts dagegen, es war mir nur zu viel, dass auf einmal . . . ein ganzer Mensch so nah auftauchte.

 

*

 

Das Politische, es 'langweilt' mich.

In Erinnerung: Die in Verhöhnung getretene Würde!

Ich ziehe es vor, jedenfalls regelmäßig, auf die persönliche Ebene zurückzukommen.

Die Auswirkungen politischer Entscheidungen, ja, sie reichen hin zu persönlichen Ebenen . . .

 

*

 

Ich habe demnach gegenwärtig, und immer schon, Wichtigeres zu tun, als ›strukturell für die Menschheit tätig zu sein‹.

Wenn auch 'alles' davon abhängt, dies in einer Sphäre zu tun, in der es möglich ist!

Von daher führt kein Weg daran vorbei über das, was ›Politik‹ genannt wird.

Was ja ein Großbestandteil von Regulierung des Zwischen-menschlichen sein sollte oder ist.

Wenn ich auch von jeher

ganz andere Vorstellungen hatte von einer solchen Struktur.

 

*

 

Es gibt also nicht unbedingt Wichtigeres zu tun, (auch) in dieser Corona-Zeit, aber anderes für mich zu tun.

 

Wie viel Zeit hab ich noch? Ich möchte genau sehen, wie ich mein Leben zu Ende bringe.

 

Ich möchte, so wie es Rilke andeutete, meinen eigenen Tod erleben. Und damit 'mein eigenes Leben'. 

 

+

 

Das Universum ist gefährlich, bleibt gefährlich

 

in seinen unwägbaren anorganischen und organischen Anteilen.

 

Ist man bei den organischen Anteilen, ja auch gleich bei Geschlechterthemen.

 

›Real vorhandene Gefährlichkeit beider Geschlechter‹, schrieb ich gestern.

 

Ich hatte wohl die Vision, dass die Geschlechter, eine Beziehung, die Konditionierungen und gespenstischen Mechanisierungen durch Bewusstsein überwinden könnten.

 

Wie die meisten Visionen und Ziele, offensichtlich zu hochgegriffen. 

 

*

 

Liebes-Schmerz. In diesen Tagen. 

 

Ein paar Notizen zur Befreiung, mögen sie ungerecht ausfallen:

 

Das Christentum hat – neben Errungenschaften – wirklich einiges auf dem Gewissen. So die historische Festschreibung der Implikation, dass die Frau für umfassende Annahme stünde.

 

Es spuckt jeder Psychologie, die einer Frau in sich ausgesetzt ist, ins Gesicht!

 

Ich kann allenfalls einen Partner brauchen, der auch über wirklich brisante Themen reden kann und dort weit kommt, so: Sexualisierung; Abgründe.  

 

Es ist überhaupt nicht voraussetzbar, dass der andre – im Zweifelsfall – vom Wunder des Seins aus ermisst.

 

Jede Überschau entbehrendes Verhalten. So kam es daher.

 

Berufliches; ganze Zeitmassen verschwanden, in diesem Molloch.

 

Was gestern noch zum Besten gehörte, wurde, nach drastischer Umkehrung, heute gescheut.

 

Als ich ein Foto aus der Anfangszeit sah.

Etwas in mir drehte fast durch, vor Schmerz.

 

Ja, berufliche Verstrickung unumgänglich, bedeutet offenbar an sich schon den Tod einer Beziehung.

 

War sie«, so Lichthof, »noch ganz mit mir?

In langen Monaten waren wir es,

ganz miteinander.

 

Wo begann es in mir selbst zu bröckeln und: Wie verhielt ich mich da?

 

Mir kam, so vermute ich, irgendwann nur noch ein ›Stellenwert‹ zu?

 

Ich lag dann auf der Couch. Im Raum war es warm. Als fiele mein Bewusstsein heraus, wie in einen dunklen Schacht, oder wie genau! Anstelle von etwas Gegenwart, die wir hätten haben können.

 

Traum: Ich ging mit dir. Auf einmal warst du ganz weg. Ich ging so allein.

 

 

Einmal kommst du zu mir in der Abendstunde

Aus meinem Lieblingssterne weich entrückt

Das ersehnte Liebeswort im Munde  

Alle Zweige warten schon geschmückt.

[…]

Und unsere Liebe wandelt schon Kometenjahre,

Bevor du mich erkanntest und ich dich.

(Else Lasker-Schüler, Weihnacht)

 

 

Danach hatte ich mich zeitlebens gesehnt: ›Das ersehnte Liebeswort im Munde‹  

 

Wenn auch das meiste in den Zeilen der Else nicht mehr passt, nie gepasst hat! Und doch, wenn auch noch so fragwürdig, hält sie eine Ahnung wach. 

 

Das Besondere bedarf des besonderen Gegenübers!

So sehr ich selbst dem nicht gerecht wurde.

 

*

 

Es sind auch solche Ahnungen dabei, in diesem Corona-Winter 2020: Endlich hört die Menschheit auf.

 

Samstagabend. Einkauf. Gewisse Bedrückung bei jedem Einzelnen fühlbar. Macht ihn sichtbarer.

 

Samstag-Mitternacht. Innere Stadt. Eine Handvoll Autos gesehen, 2 Menschen, 1 Taxi, sonst Stille bei überall Geschlossenem.

 

*

 

Wenn etwas ganz misslingt in Verbindung mit Zeitdruck und fehlenden Ressourcen, je nachdem wie etwas im Nervensystem zusammenschießt, wie primitiv dann ein Ausdruck sein kann. Wie primitiv das Universum ist. Bei allem Reichtum primitiv. Wie primitiv der Mensch im Überlebenskampf. Das klingt roh und hässlich. Oder sollte man sagen: hirnlos; archaisch; lichtlos. Umdeutungen sollen ja helfen, alles anders zu sehen! 

 

Die Menschen werden weiter skelettiert werden, viele von Krankheiten wie dem Corona-Virus und anderen; viele werden von der damit einhergehenden Politik weiter geschröpft und, in Ermangelung an Alternativen, ›subtil‹ ermordet werden: durch Verschiebung der Bedingungen, heißt: durch Politik und ihre Schrauben.  

 

Bewusstsein von einem 'flüchtigen Tier', das bald sterben und vergessen wird

 

in diesem Schreddel. 

 

Es war mir durchaus möglich mit den Schätzen, die in mir zum Vorschein kamen, allein zu leben.

 

Prognose 2021? 

Vogel-frei.

 

*

 

Und noch einmal kommt dieser Geschmack herein: Ein ganz anderer Carl Lichthof hätte es sein können. Durch solche Erfahrung: Was für eine magere Version. Die dennoch die reichere ist?

 

So viel auch ver-baut wurde, da ist mein Blick.

 

Dass es das überhaupt gibt: Dass Leben zum Tod hin bricht, und derjenige, diejenige dann erstarrt daliegt. 

 

Corona zeigt – auch – den Wert jedes einzelnen Atem-Zugs.

 

In der innersten Gestalt meines Atems erwächst mir ein Leben, ein nochmals neues Cluster.

 

Wie gut es doch wäre, wenn es für diesen Planeten 'insgesamt' gälte.«