Kreta 15.10.

Wahrzunehmen, wie man selbst im Eilschritt nur mit Badehose, Handtuch und Zimmerschlüssel aufs Meer zueilt. Etwas ist passiert. In sich. »Nur« Auslösungen. Kein interaktiver Konflikt. Der Gruß der Zimmerfrau erscheint, wie alles andere auf der Welt, nun nichts als bremsend. Weit rausschwimmen, ins Meer schlagen, sich selbst schlagen, an die Stirn, an den Hals, auf die Wangen, so ist klatschendes Geräusch zu hören, überall hin, in nicht unbeängstigender Wucht. Der Schock, der es für jemand sein kann, der es sieht, ist es für dich jetzt nicht. Nur noch sich selbst Schuld geben. Ja, Schuld. Keine mildernden Umstände mehr; keine Entwicklung, keine anderen mehr, niemand und nichts anderes mehr, das verantwortlich gemacht würde! Ins Meer schlagen, nur noch schlagen, schreien, ja brüllen, s c h r e i e n, die Stimme schafft es erstaunlich gut, das Allergröbste gegen sich selbst, endlich. Ich bin schuld. Dieser Satz ist das Einzige, das jetzt noch ertragen wird. Es scheint nicht um Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit zu gehen, nicht mehr um Ursache-Wirkung-Zusammenhänge. Schließlich entkräftet an Land kommen, gut, oder was auch immer, all das rausgelassen zu haben, endlich. Mit Kaffee und landestypisch süßem Kuchen nun am Meer sitzen.

 

 

Wie ist denn das zu erklären?

Es zeichnete sich schon lange ab. Und mit sich selbst in dieser Weise umzugehen, sich zu schlagen, sich selbst nur alle Schuld – aber auch alle Verantwortung – zu geben, stellte eine maximale Eskalationsstufe dar und den Endpunkt eines langen Prozesses.

Auch dann, der Endpunkt, wenn Einzelnes wieder oder noch einmal aufkeimen sollte, was sicher der Fall sein wird!

Es hatte, bis hin zu diesem Ende, nicht daran gefehlt, andere und anderes verantwortlich zu machen, und zum andern bestmögliche Wege zu gehen, dazu gehörten: die Herausnahme von Konkurrenz und Vergleich, so weit es möglich war; das Ergründen all jener Phänomene, die zunächst oder überhaupt ein Hindernis darstellten; Liebesversuche – Partner betreffend, Menschen im Allgemeinen und sich selbst. Eine ganze Biografie wäre an dieser Stelle zu schreiben.

Und doch waren da, in all diesen Jahren, gravierendste Versäumnisse, die auf das eigene Konto gingen, nämlich vor allem: Situationen, die unförderlich waren, zu lange ausgehalten zu haben, und: Menschen selbst zu sehr verletzt zu haben.

Insbesondere in Situationen nervlicher Überlastung.

Und: nicht ruhiger, wahrhaft vernünftiger, in Konflikten liebevoller, ja »einfach« besser mit allen und allem – über Jahrzehnte – umgegangen zu sein. Ich komme mir im Nachhinein mitunter vor wie ein unsäglicher junger Hund, den man nicht eine Sekunde alleine lassen durfte, und schon hatte er etwas angestellt oder gar zerbrochen. Nicht bösartig, nicht vorsätzlich, aber auch nicht heilsam. Im Gegenteil: Gespenstisch kommen mir bestimmte Teile meines Lebens vor. Ich stoppe hier, denn ich könnte es »endlos« fortsetzen.

 

 

Autoaggression.

Oder war es vielleicht so, dass du ein ganzes Leben schon das, wofür du eigentlich nichts konntest, gegen dich gerichtet hattest (wenn bislang auch nicht in Form von Schlägen), und nun final, unter Einbeziehung weiterer Eskalationsstufen!

 

 

Oder:

Konntest du vielleicht »einfach« nicht wirklich verlieren, sodass du es ein Leben nachtrugst? So, dass du dich selbst dafür bestraftest!

 

 

An all dem mag einiges dran sein. Aber primär scheint doch zu sein, alle Verantwortung nun selbst tragen zu wollen, um  .  .  .  voll handlungsfähig zu sein.

 

 

Und die Explosion, das Einschlagen auf sich selbst, war vor allem Ausdruck gewesen, der verstanden sein will und »einfach« zu diesem Prozess gehörte, Ausdruck dessen, nur das noch in großer Entschiedenheit zu ertragen, das wirklich Gute!

 

 

 

Wie es auch sei:

 

 

 

Ich empfinde echtes Bedauern.

Es meldet sich das Bedürfnis, anderen und sich selbst wirklich zu verzeihen.

 

 

Aber das ist, zumal energetisch, wie ja ersichtlich wurde, kein glatter Prozess - - - 

Ich bin an dieser Stelle noch nicht ganz.

 

 

Aber wie schwer ist das, wirklich zu verzeihen.

 

 

Was andere Menschen betrifft, so ist es ja vielfach wie bei sich selbst. Man hat es in immer neuen Ausprägungen, wie jeder weiß oder spürt, mit widrigen, uneinsichtigen, Unerträglichkeit fortsetzenden Menschen zu tun.

Aber auch mit Gegenteilen und Potenzialen und zuweilen echten Freundlichkeiten.

 

 

Und wie ist es im Akut?

Etwa beim Beziehungsstreit?

Wenn ein so »verdrehtes«, energetisch hochaufgeladenes »Paket« auf dich zukäme, womöglich von sich selbst ausginge, könntest du dann verzeihen?

 

 

Man hat aufzupassen:

 

 

Dass Verzeihen nicht nur »Theorie« ist.

»Nur im Kopf« stattfindet.

Und wenn es so wäre, immerhin im Kopfe.

Und individuelle Unterschiede, wem verzeihen, welchen Taten?

Geht das überhaupt, je nachdem, was es ist.

Und was ist mit dem, das sich

jenseits des Willens

immer wieder schmerzlich meldet! 

Geht das, eine einzige Herzenergie zu werden, zu sein, womöglich unabhängig von allen Geschehnissen, ist das anstrebenswert!

Oder geht es um Ausdruck, von Wut und allem, was nun mal jeweils entsteht, auch von allem, was besonders unverdaulich ist und gegebenenfalls doch da. Im Weiteren aber geht es um eine andere Basis (in Beziehung: um Aufrechterhaltung einer gemeinsamen Basis), von der aus möglichst baldiges und restloses Verzeihen möglich sein kann!