Am Morgen hereingebrochener Herbst. Schon als Schüler vertrug ich morgens keine Lautstärke, keine heftigen Bewegungen, im Grund kein Wort. Bereits in erster Klasse wurde es alptraumartig, morgens um 8 mit energetischem Lehrer in einem Raum sein zu müssen.

 

Die mit mir sind,

haben mich nicht verstanden.

(Actus Vercellenses)

 

Marktplatz Tönning. Beim Bücken Taumel, als ginge Bewusstsein. Solche Offenheit

in diesen Momenten.

 

 

Radtour. So gut war es einst mit den Eltern. Sie hatten die richtige Emotion dafür. Ganz aufgenommen.

 

Friedhof Tönning. Die Unheimlichkeit. Gefertigter Grabstein anstelle eines Lebens.

 

 

Deichrand. Informationsstelle über diese Gegend. Ein paar naturwissenschaftliche Fakten interessieren mich zuhöchst. Auch das ein andre Detail. Dann ist es genug. Habe poetisches, anderweitiges Interesse. Und so war es von vornherein.

Während Freundin sich ausgedehnt naturwissenschaftlich interessiert, streiche ich ausgestopftem Seeadler zärtlich über den Kopf und mache davon Fotos. Solche Vorstellungen erfreuen mich: (unmögliche) Nahbegegnung mit einem lebenden Seeadler.

 

                                                         Erinnerung an Einflüsse in Jugend. Nahezu alle, so verschieden sie waren, mehr oder weniger übergeschnappt. So kommt mir das vor. Tatsächlich erschien das, was ich wollte, kaum/nicht vertreten.

 

In schöner Sonne in einem Lokal draußen sitzen. Junger Ökonom ein Handy-Telefonat nach anderm. Empathie-Defekt. „Dulden oder auslöschen, es gibt nur diese beiden Möglichkeiten, weil nicht empfänglich.“ Zeigt sich empört. 

 

Nabu-Station. Natur-Apfel-Saft. Hinzu wird Kästchen für Geldeinwurf gestellt.

 

                                            „Campingplatz Silbermöwe“ seh ich. Dort 1992 für zwei Übernachtungen, bevor es nach Polen ging. Ich trete etwas vor und sehe in den Waschraum, nach 23 Jahren. Ein karger Waschraum, in dem ich zwei Abende, zwei Morgende stand.  

 

Café. Freundliches Handgeben und „Alle nennen mich hier Lutz“. Gehe auf Distanz. Spüre deutlich, wie er sie spürt.

 

Beim Zahlen korrigiere ich denjenigen beim Zusammenrechnen. Es entsteht eine Atmosphäre, die „empfindlich-gereizt“ genannt werden kann. Unfreiwillig sehr dazu beigetragen.

 

Erinnerung: In meinem Kopf war eine irrige ? Vorstellung eingerastet. Verzichtete auf Klarstellung, weil mir der Anlass zu gering war. Und spürte  .  .  Feindseligkeit.

 

Maßloser Zorn über Verlust in

Situation völliger Lieblosigkeit.

 

Wie es Dasein einfärbte. Entfärbte.

 

Begebenheit, die sich zu einer Einkerbung im Gedächtnis verwandelt.

 

Trauerseeschwalbe

 

Ungeschickter werden, wenn Blick eines andern nicht mehr ablässt.

 

 

Daike Maria Grimm – Kreuz am Straßenrand.

29.3.1991 – 12.8.2011.

Darunter das Foto einer lebhaft aussehenden jungen Frau.

 

Es passierte etwas und seither atmet sie    nie mehr.

Was für ein Universum!

 

Kein Ausdruck mehr

zu sich selbst.

 

 

1997 in einem Flugzeug von Kalkutta nach Bombay fast abgestürzt.

Biografie wäre abgeschlossen gewesen.

 

 

Rückfahrt mit Rad so beschwerlich. Sehe zur Seite, in alle Richtungen, als ob da Hilfe wäre.

Freundin mit Rad weit vorn. Ihr ist es wichtiger, noch in der Dämmerung anzukommen, allein, anstatt mir zu helfen.

Haltungen und Handlungen, die ich nicht mal erwogen hätte.

Unersetzbarer Ausdruck von Liebe, dem andern zu helfen.

Rucksackträger hatte sich in Fahrradkette verfangen.

 

Sah zur Seite, eine leere Schaukel auf einem Spielplatz, und dachte: Wann, in dem Sinne, hatte ich meine Kindheit zu verlassen.

 

In Jugendherberge die letzten Tage und Nächte einzige Gäste.

Nun voll belegt mit Grundschulkindern und drei Lehrern.

Absolut enthemmter Lärm.

War ich als Grundschüler auch so?

Ich erinnere mich.

Ich war nicht so.

 

Im Jugendherbergszimmer aß ich mich voll. Auch nicht anders als Schaf am Deich.

 

In der Nacht sitzt sehr junge Lehrerin im Aufenthaltsraum und liest. Auch ich lese. Sonst niemand mehr hier. Korrespondenz zweier Stillen.