Es handelt sich um den Versuch, die allerdunkelsten Seiten zu integrieren, einen Weg, der auch einer ist, zu bereiten.  

 

Kern dieser Problematik

 

Latent bin ich ein Mensch mit einem großen und unmittelbaren Aggressionspotenzial. Ich hatte es mühsam über x Jahre geschafft, es vor allem mit Literatur und Kunst umzuwandeln. Und vor allem damit, das Leben meiner Wahl zu führen. Mein Aggressionspotenzial ist so ausgebildet, dass ich schon zu explodieren drohe, wenn ich den Verschluss einer Flasche nicht aufkriege. Direkt daneben liegt eine wunderbar friedliche und schillernde Welt. Ich wurde im Leben oft selbst überrascht, wie eins ins andere griff, und fragte mich schon früh bang, wo sind eigentlich die Übergänge? Nun möchte ich diese Art nicht abwerten. Sie wird schon einen evolutionsbedingten Sinn haben. Und unverbreitet ist das auch nicht. Ich muss besonders darauf achten, dass meine Bedingungen, zu existieren, stimmen. Nun bricht all das mit dem Hund wieder durch. Weil er in meiner Wahrnehmung – in diesem Kontext – „Lebensverhinderer“ ist. Mir fällt es ganz schwer anzuerkennen, was er an Leben auch gibt. Als du in R. warst, und du am Samstagabend einen Anruf erhieltst, dass mit dem Hund möglicherweise etwas Gravierendes sei (epileptischer Anfall), merkte ich, wie sich ein Tötungsblick in mir aufrichtete, und dass ich nichts dagegen machen konnte. Nun hatten wir uns von all dem entfernt, waren etwas in die Ruhe gekommen, und viel Zeit – nach meiner Wahrnehmung, viel Zeit – ging dafür drauf, in der der Hund wieder Mittelpunkt war. In der mein Entspannungsgefühl zusammenbrach. In mir gibt es so etwas wie einen Tiger, der allergisch wird, wenn man ihm die Freiheit stiehlt. Von daher ist der Hund auch nicht mein „Lehrmeister“. Nicht mal das, wofür er steht. Ich will ihn einfach nicht, ich will ein Leben meiner Wahl. Er kann mir nichts lehren, was ich nicht schon wüsste. Und ich habe nichts gegen ihn, wenn er mir vom Leib bleibt und nicht mein Leben – meine Zeiteinteilung und meine Vorhaben – blockiert. Und die Vorstellung, dass er sich noch zehn Jahre in meiner Psyche „einnistet“, ist ein Grauen für mich. Und wenn er in Sterbeprozesse gerät und stirbt, würde ich keine Trauer empfinden. Sondern wahrscheinlich Erleichterung, sofern ich noch dazu fähig wäre, weil er mich bereits bis zu diesem Zeitpunkt, ohne es wissen zu können, bis aufs Blut gequält hat. Denn das Schöne zwischen uns wurde – von mir aus deswegen, weil ich so bin – in einem erweiterten Sinn oft verhindert oder eingeschränkt. Was andererseits mehrere Gründe hat, die in unserer jeweiligen Person liegen. Das Schöne zwischen uns wurde schon deswegen eingeschränkt, weil sich eine Eiseskälte in mir bildet, wenn ich mit dem Hund konfrontiert werde. Weil ich weiß, dass dann nichts Gutes für mich kommt. Ich habe immer den Eindruck, dass der Hund mich und uns um Möglichkeiten der Besinnung, der Neueinstellung und Entwicklung bringt. Schön zwischen uns war es dann, wenn wir für uns waren. Wenn es dieses eine Wir gab.

Wenn es dem Hund schlecht geht oder er gar stirbt, würde uns das also nochmals auseinandertreiben. Und mit so einem Menschen kannst du – du musst da für dich selbst sprechen, doch – absolut nichts anfangen. Es gibt diese Männer, erreichbar oder nicht, viele davon sind „erreichbar“!, die liebevoll und unendlich geduldig einen Hund einbeziehen. Ich bin da – neutral gesagt – von einer völlig anderen Art. Das ist die Wahrheit.

Und wenn du den Hund abgibst, ich spreche da nicht für dich, dies nur meine Prognose: Für alles, für jeden Moment Alleinsein, der schmerzhaft ist, würde ich die Schuld tragen. Denn ich war es ja, in dem Fall, der dir den Hund „weggenommen“ hat. Und du würdest dich nach seiner ruhigen Gegenwart sehnen, nach seinen lieben, ein bisschen zerrissenen, traurigen Augen, die zugleich deine eigenen sind – denn es gibt diese Liebe, sie tritt nur zeitweilig in den Hintergrund, die Liebe zu deinem Hund, und die Liebe des Hundes zu dir –, und es wird dich möglicherweise die blanke Aggression packen und dann lähmende Depression erfassen, gegen mich, weil ich in solchen Momenten des Alleinseins nicht da bin und dir nicht helfe und dir zugleich deinen Trost – oder wie es auch besser zu sagen wäre – genommen habe. Und aus all diesen Gründen war ich zu dem Schluss gekommen, gegen meinen Willen, gegen meine Bedürfnisse, gegen meine Empfindungen den Kontakt zwischen uns auf dieser intensiven Beziehungsebene zu lösen.