6. Januar

 

Der Orgasmus – ein eher wild fließendes Gewächs

 

Da, wo Information fließen sollte, steht bei manchem was?

 

Wie ich da sitze im Wartezimmer

in solchem Ernst

weder bereit für Humor noch Spielraum für das, was um sich geschieht

nicht freundlich ...

Ich zweifle an mir und meinen Vorfahren.

das hatte schon manchen veranlasst, zuzusetzen.

sehr tief unten ... existiert noch ein anderer Mensch.

 

Zahnreinigung

Erinnerung an eine Weiblichkeit, die sich endlos allem zuwendet.

So konnte es erscheinen.

Eine Weiblichkeit wie ein immerzu warmer Strom scheinbar ohne jede Stauung

und dieser warme Strom als Zuwendung in Richtung eigener Person

als bestünde dieser endlos warme Strom als Zuwendung nur für sich.

Es wurde immer schon gewusst, dass das ja nicht stimmt.

Worin besteht also das „andererseits“? Es besteht darin, dass es tatsächlich ein tiefstes Bedürfnis weckt.

Nämlich das, welches von der Mutter kommt. Es scheint nun aufgehoben in der unbekannten Frau.

Etwa mit diesen Gedanken ... liegend, während die Zahnreinigung vollzogen wird.

tatsächlich bedient diese Frau dieses Muster, das ich „Muster“ nicht nennen möchte.

dabei erschließt sich mir die Mischung.

So, wie der Titel „Professionelle Zahnreinigung“, ist ja auch sie „professionell“, heißt, sie gibt dieses Gefühl, sich geborgen oder einfach wohlzufühlen. Was daran Täuschung ist, zeigt das ein und andere sprachliche Versatzstück und gelegentlich der Tonfall.

Aber sie lebt ihren Beruf eben nicht nur als Täuschung. Wie jeder Mensch, lebt sie auch in der Zeit und möchte echt sein und sich und andere spüren.

So komme ich zu der Ehre, dass sie hier und da ihre Gefühle ausdrückt. Einfach, weil sie’s in den Momenten angenehm findet und es sozusagen menschlich ist.

Oder gibt es da eine Nötigkeit, mich derart an ihre Brust zu drücken, während sie jede einzelne „Zahntasche“ reinigt?

Auch kommt sie mir sehr nah mit Atem und Augen. So, dass ich volle Strahlungen ihrer Person nehme. Und ich muss sagen, es tut wohl.

Vermutlich wird auf diese kleine Weise, die so klein nicht ist, gegenseitige Anziehung ausgelebt.

Ein Beruf ist steril genug.

Im letzten Drittel redet sie dann viel. Ich könnte nie so reden, aber ich bewundere es. Die Worte spielen einfach keine Rolle. Sie erklärt mir nicht gerade die Welt, aber doch die Welt der Zahnreinigung, und Wiederholungen und alles Mögliche spielen einfach keine Rolle. Ich könnte damit nicht leben. Es wär das Aus vor mir selbst. Aber die Wirkung, die von ihr ausgeht, ist das Gegenteil. Nämlich Erinnerung an so etwas wie bedingungslose Geborgenheit. Es geht ihr nur um eins, und darin empfinde ich sie als hingebungsvoll, den andern zu erreichen.

Als sie fertig ist und ich aufstehe, fühle ich mich tatsächlich wie in einer etwas anderen Welt. Möge es der „Kundenpflege“, dem Wiederkommen gedient haben, sie hat viel von sich gegeben. Nach meinem Empfinden lebt sie im Beruf und wohl alle Zeit den Quell ihrer Weiblichkeit. Und das ist eine wilde sanfte Mischung aus Menschlichem, Erotischem, Funktionalem und tatsächlich allem Möglichen.

 

-

 

Die Zahnärztin. Auch sie sehe ich das erste Mal. Wie kann gesagt werden: Ich kenne ihren beruflich-intellektuellen Kosmos nicht, der im Gespräch über „Befunde“ einfließt, aber erkenne, wie überlegen, wissend, spielerisch, aushebelnd sie mit den „Heiligtümern“ der Zahnmedizin umgeht, und zwar überzeugend zugunsten von Richtigkeit. Und darunter, das fühle ich ebenso, der sehnende Mensch im letzten Drittel seines Daseins.

 

-

 

„Entschuldigen Sie, könnten Sie mal einen Blick auf meine Sachen werfen?“

Und geht raus und ... kommt sehr lange Zeit nicht.

Da liegen sie, ihre Sachen.

Sonst niemand im Lesesaal der Stadtbibliothek.

Schreibsachen, Ausweis, ein Grapefruitgetränk. Jacke, Mappe, Tasche.

Es ehrt mich, dass sie, ohne mich zu kennen, mir diesbezüglich vertraut. Ich hätte solches Vertrauen nicht.

 

-

 

Tschüs sagen, denn man hatte länger, oder immer mal wieder, schweigend miteinander kommuniziert.

 

sie saß da, skrupulös, voll Bedenken

in

Geschriebenem.

 

Erwiderung des Grußes: leuchtend, aufhorchend, komplex. Und weiß plötzlich: ein armer reicher Mensch, in solchem Ringen.

 

Die eigentlichen Stimmen in Menschen. Nicht gerade immer ... sind sie sich ihrer bewusst. Dann treiben sie Unheil. Treiben was?

 

Lebenslänglich darauf konzentriert,

die Hintergrundgeräusche zu dechiffrieren.

 

Die Abgründe der menschlichen Wärmelehre.

(Kurt Aebli)

 

Breitenselbstsuggestion „Kein Stau“.

 

So viel gelebt, so viel überdehnt, dass sich

neuer natürlicher Zustand aus Erschöpfung ergab.

 

Wie sie hinsieht. Was genau formt sich

 

Ricarda füllt immer majestätischer den Raum. Was macht sie durch? 

 

 

Was sich der Mensch alles einbildet, imaginiert

um ... zu entgehen ?

 

Denn das Universum ist schwarz oder

auch ohne Farbe.

 

Was da so winterverhangen hinter ihrer Stirn oder

als ihre Stirn

welcher gefrorne Traum?

 

Grad der Gefrorenheit.

 

Fragilität Ricardas

heute

erinnert mich an das

was ich mir früher einmal

unter Glasperlenspiel vorstellte

ohne es zu kennen.

 

Gelbe Blätter auf verfallendem Schuppen

als sei es der erste Herbst m/einer Kindheit gewesen.